Radix Rudolf Steiner
Autor Dr. Bernhard Firgau
Vielen ist Rudolf Steiner, Begründer der Anthroposophie, bekannt durch die Waldorfschulen, die ganzheitliche Medizin und bio-dynamische Landwirtschaft. Buchstäblich im Mittelpunkt seines Lebens stand aber seine „Philosophie der Freiheit“, eine Fortführung seiner Doktorarbeit.
Astrologisch interessant ist, dass dieses am 14.11.1893 erschienene Werk wirklich auf´s Jahr genau zwischen Geburt (27.2.1861) und Tod (30.3.1925) liegt. Steiner selbst hat schon zu Lebzeiten erwähnt, dass es im Lebenslauf solche Symmetrien gebe, an denen sich andere Ereignisse spiegeln.
Am Beispiel von Hölderlin habe ich das Phänomen an anderer Stelle schon gezeigt. https://www.astrologenverband.de/hoelderlinjubilaeum-eine-astrologische-hommage/
Steiner stellt in seinem genannten Werk die Freiheit in den Mittelpunkt. Was sind die Voraussetzungen der Freiheit? Zunächst, dass man weiß, was man tut, also die Realität erkennt. Sonst entscheidet man nicht unbefangen. Handelt man in bestimmter Weise, weil es äußere Autoritäten verlangen? Lässt man sich von persönlichen Motiven leiten? Wie kann man sich im Rahmen des Möglichen davon frei machen? Das setzt voraus, auch das eigene Wesen zu erkennen. In der Folge setzt er an die Stelle des Glaubens eine vom Denken geprägte Erkenntniswissenschaft. Das ist quasi die Keimzelle seiner Philosophie. Wenn man innerlich frei von fremden Vorgaben ist, kann man an der Sache orientiert handeln. Das ist für ihn ein typisches Merkmal für Handeln aus Liebe. Eigenes kommt nicht in Betracht, Selbstlosigkeit ist das Prinzip.
Erkennen, Freiheit, Liebe sind die Schritte, die zu diesem Idealzustand führen sollen und in der Realität natürlich nur teilweise möglich sind.
Steiners Geburtshoroskop ist hier gestellt auf den 27.2.1861 um 23:15 LM Kraljevica im jetzigen Kroatien. Es gibt Diskussionen, ob der richtige Tag der 25.2. ist, soll aber für unsere Zwecke nicht weiter verfolgt werden.
Selbstbestimmung als Gegenpol zur Fremdbestimmung bildet sich ab in der Opposition von Sonne und Saturn. Sie löst sich auf im T-Quadrat, welches Uranus zu den beiden Opponenten bildet. Uranus ist der Revolutionär und fällt hier in die Zwillinge. In den Zwillingen geht es um Wahrnehmen und Erkennen. Steiner hat zeitlebens dagegen gekämpft, die von Immanuel Kant behaupteten Grenzen des Erkennens zu akzeptieren. Was Kant als subjektive Wahrnehmung sieht, betrachtet Steiner als den mit den äußeren Sinnen erfassten Teil der Wirklichkeit, die durch das Denken als innere, geistige, Wahrnehmung zu einem Ganzen zusammengefügt wird. Das ist in seiner Philosophie der Freiheit näher ausgeführt.
Astrologisch wird das Thema der Philosophie der Freiheit aufgegriffen von Merkur, dem Planeten des Wahrnehmens und Verstehens. Er bildet mit Neptun, der für Hingabe und Selbstlosigkeit steht, eine Konjunktion in Fische. Das Erkennen steht damit der Forderung gegenüber, nicht die eigenen Motive gelten zu lassen.
Venus repräsentiert Werte auch im nichtmateriellen Sinn. Wir finden sie bei Steiner im Wassermann. Damit erlangen Werte Unabhängigkeit. In der Opposition zu Jupiter im 9. Haus weigert sich Venus, denen blind zu folgen, die als gesellschaftliche Autoritäten Weltbilder vorgeben wollen.
Der aufsteigende Mondknoten in Haus 3 (Erkennen), unterstreicht, dass es mit der Erkenntniswissenschaft um Steiners Lebensthema geht.
In dieser Skizze möge deutlich werden, wie sich in der Lebensmitte nicht nur chronologisch, sondern auch inhaltlich dieses fundamentale Lebensthema abbildet. Wie bestimmend die Freiheit als Lebensthema war, zeigt auch der Uranustransit über den Aszendenten, als Steiners Philosophie der Freiheit 1893 als Buch erschienen ist.
Quellen:
Rudolf Steiner, Mein Lebensgang – GA 28
Rudolf Steiner, Philosophie der Freiheit – GA 4
Radix berechnet mit Astroprogramm „Sarastro“
Über den Autor
Dr. Bernhard Firgau
Dr. Bernhard Firgau (Jg. 1954), Jurist und geprüfter Astrologe (DAV); Gründungsmitglied der Sektion fur Mundan- und Wirtschaftsastrologie im DAV. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf den astrologischen Zusammenhängen zwischen der Biografie des Einzelnen und seiner Umwelt. Neben Zeitschriftenartikeln und Vorträgen hat er seine Forschungsergebnisse auch als Buchautor veröffentlicht. („Wahlprognose mit Astrologie“ (zusammen mit Gerhard Lukert), „Ingresse“, „Praxisbuch Mundanastrologie“, „Schicksalsgefährten“).