Die Zeit der Rauhnächte
Die zwölf heiligen Nächte um die Jahreswende, die sog. Rauhnächte (auch Raunächte), zählen nicht unmittelbar zum astrologischen Zyklus, doch allein ihre Anzahl deutet auf die Verbindung zum Tierkreis hin. Diese Nächte sind auch als „Zeit zwischen den Jahren“, „Zeit zwischen der Zeit“ oder einfach als „Zeit dazwischen“ bekannt. Heute wird darunter allgemein die Zeit zwischen Weihnachten und dem Dreikönigsfest verstanden, wenn das Leben nicht seinen gewohnten Gang nimmt, sondern viele Urlaub machen und diesen möglichst noch für einen Kurztrip in südliche Gefilde nutzen.
Ursprünglich war etwas anderes gemeint, nämlich die Zeit zwischen dem Sonnen- und dem Mondkalender. Die Zeitrechnung hatte schon immer zwei Bezugspunkte, den Umlauf der Sonne und den Umlauf des Mondes. Der Umlauf der Sonne, das Jahr, beträgt 365 Tage und knapp sechs Stunden. Die Zeit von Vollmond zu Vollmond, der sog. synodische Mondmonat, beträgt knapp über 29 ½ Tage. Damit ergeben zwölf Mondmonate 354 Tage und 8 Stunden. Um Sonnen- und Mondkalender in Einklang zu bringen, wurden elf Schalttage mit zwölf Nächten eingeführt, eben jene Zeit zwischen den Jahren. Der Mondkalender als allgemeine Zählung hat inzwischen weitgehend ausgedient, nicht jedoch die Erinnerung an die Zeit „zwischen den Jahren“.
Stillstand der Sonne
Tatsächlich handelt es sich nicht nur um die Zeit, in der sich die Natur auf das Notwendigste zurückzieht; es ist auch die Zeit, in der die Sonne buchstäblich stehenbleibt. Das heißt, ihre Auf- und Untergangszeiten ändern sich – in unseren Breiten – nur so geringfügig, dass wir sie mit bloßem Auge nicht wahrnehmen können; ganz anders als zu den Tag- und Nachtgleichen, wenn die Sonne zu rennen scheint. Diese Energie lässt sich erspüren; allerdings nicht in der weit verbreiteten vorweihnachtlichen Hektik. Wohl aber in der Natur, und so haben die Menschen, die noch enger im Einklang mit der Natur gelebt haben, dieser Zeit eine besondere Bedeutung gegeben, die sich in Sagen und Bräuchen widerspiegelt.

Die heiligen Nächte

Ein anderer wichtiger Bestandteil der Rituale sind Orakel und Prognose. Dazu dienten auch die Tiere, die in dieser besonderen Zeit die Sprache des Menschen beherrschen sollten. Die Orakel haben in profaner Form als Bleigießen Eingang in die Silvesterfeiern gefunden. Eine besondere Anregung sieht vor, auf 13 Zetteln persönliche Themen und Herausforderungen aufzuschreiben. In jeder der heiligen Nächte wird dann einer vernichtet, wobei sich die Art auch noch nach der Reihenfolge der Elemente im Tierkreis richten kann: Feuer, der Zettel wird verbrannt. Erde, der Zettel wird dem Erdboden übergeben. Luft, der Zettel wird zerrissen und dem Wind überlassen. Wasser, der Zettel wird im Wasser aufgelöst….
Was dann übrig bleibt, ist eine besonders wichtige Herausforderung.



