Volker Lechler: Sterne, Menschen, Politik
Die astrologische Bewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Dieses Buch, das ich nun vorstellen möchte, war meine Lektüre zum Jahreswechsel. Und es hat mich sehr begeistert.
Jeder, der sich mit der Geschichte der Astrologie beschäftigt, bekommt mit, dass sich um die Jahrhundertwende und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhundert viel in der Astrologie im deutschsprachigen Raum getan hat. Wem fallen da nicht gleich viele Namen von Astrologen ein, die in dieser Zeit gewirkt haben, wie Elsbeth Ebertin, Karl Brandler-Pracht, Frank Glahn, Hubert Korsch, Herbert von Klöckler, Erich Carl Kühr, Thomas Ring, Johannes Vehlow, Alfred Witte, um nur einige zu nennen.
Ich hatte mich oft gefragt, wie kam es dazu, dass in den Anfangsjahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts, die Astrologie so aufblühte, aber dann unter den Nationalsozialisten so bekämpft wurde, dass eine Reihe von Astrologen im KZ umkamen.
Genau über diese Fragestellungen hat Volker Lechler eine Dissertation geschrieben und diese im De Gruyter Verlag veröffentlicht. Es ist ein mächtiges Werk von über 600 Seiten geworden.
Er beschreibt, wie um die Jahrhundertwende anfangs aus der theosophischen Gesellschaft heraus, insbesondere durch Karl Brandler-Pracht erste astrologische Gruppen gegründet wurden, erste astrologische Zeitschriften und Bücher herauskamen. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen dann weitere Zeitschriften heraus, es bildeten sich verschiedene astrologische Gruppen, wie die Astrologische Gesellschaft in Deutschland (AGiD) und die Astrologische Zentralstelle (AZ). Anfang der 30iger Jahre waren über zehn verschiedene astrologische Wochenzeitungen auf dem Markt. Der Bekanntheitsgrad der Astrologie hatte dann einen bis dahin in Deutschland nie dagewesenen Grad erreicht.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten kam es zu einer zwiespältigen Situation. Einerseits traten eine Reihe von Astrologen der NSDAP bei, andererseits kam es durch das Berliner Wahrsageverbot von 1934 zu immer größer werdenden Restriktionen gegen die Astrologie. Da Rudolf Heß und Heinrich Himmler sich für die Astrologie interessierten, wurden Verbote der astrologischen Tätigkeiten nicht konsequent umgesetzt. Das änderte sich dann mit Kriegsbeginn, und als dann Rudolf Heß 1941 nach Schottland flog, war das dann der Anlass den entscheidenden Schlag gegen die astrologische Bewegung auszuführen. Gerade die Berufsastrologen mussten nun fürchten, verhaftet und sogar ins KZ verbracht zu werden.
Im letzten Teil schildert Volker Lechler, wie nach dem Krieg langsam die Astrologie sich wieder neu aufstellte und erste Nachkriegsorganisationen, wie der Deutsche Astrologen-Verband, gegründet wurden. Auch zeigt er auf, wie in den Nachkriegsjahren Legendenbildungen über das angebliche positive Verhältnis von Hitler zur Astrologie entstanden.
Die Recherchearbeit von Volker Lechler ist außerordentlich beeindruckend. Er hat zahlreiche Periodika der damaligen Zeit durchforstet, die Protokolle der verschiedenen Astrologischen Gruppen ausgewertet und so ein objektives Bild der Entwicklung in dem betrachteten Zeitraum erstellt.
Volker Lechler ist selber kein Astrologe, aber ein hervorragender Forscher und ihm ist hier ein sehr objektives Werk über die Astrologie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelungen. Sein Buch liest sich auch durch seinen guten Schreibstil sehr gut.
Dieses Buch kann ich nur wärmstens allen empfehlen, die sich für die neuere Geschichte der Astrologie interessieren. Es sollte m.E. in keinem Ausbildungszentrum fehlen. Volker Lechler, herzlichen Dank für diese tolle Arbeit, die Sie da geleistet haben.
von Dr. Wolfgang Steven
Über den Autor
Dr. Wolfgang Steven ist 1. Vorsitzender des DAV. Er war Apotheker und Dipl. Betriebswirt. Nach leitenden Positionen bei Schering ist er heute Coach und astrologischer Berater. Er ist geprüfter Astrologe des DAV und leitet, gemeinsam mit seiner Frau Damaris, ein DAV Ausbildungszentrum an der Ostsee.